Man, ich brauche einen Psychiater!

„Oh man, ich glaub ich brauch ’ne Therapie!“
„Nee, du musst doch nicht auf die Couch! Du brauchst einfach mal wieder ’ne Freundin“
„Doch! Du kapierst das nicht. Ich ruf nachher noch ’nen Psychiater an!“

Psychiatrie und Psychologie

Die geschilderte Unterhaltung habe ich kürzlich im Bus verfolgt.

Das Thema, das hier durchschimmerte, kenn ich auch aus den therapeutischen Sprechstunden (was das ist? Hier):  Ich werde hier nämlich immer wieder gefragt, was eigentlich der Unterschied zwischen Psychiatrie und Psychologie ist.

(In diesem Blogpost geht es nicht um die verschiedenen Therapieverfahren, darüber schreibe ich ein anderes Mal.)

Was ist der Unterschied zwischen Psychiatrie und Psychologie?

PsychiaterInnen haben Medizin studiert.  Und deshalb bieten sie typischerweise ärztliche Untersuchungen und medizinische Behandlungen an. Außerdem dürfen sie natürlich Medikamente verschreiben. Der Schwerpunkt ihres Studiums lag auf dem Verständnis des menschlichen Körpers. Psychologie hingegen spielt im Medizinstudium (leider) nur eine sehr kleine Rolle.

Nach dem Medizinstudium ist man erst einmal „Arzt“ bzw. „Ärztin“. Um dann auch den Titel „PsychiaterIn“ führen zu dürfen, müssen MedizinierInnen nach dem Studium zusätzlich eine mehrjährige „Facharztausbildung“ absolvieren. Ein/e PsychiaterIn ist also ein/e MedizinerIn mit einer Facharztausbildung in Psychiatrie.

Zusätzlich kann ein/e PsychiaterIn dann anschließend noch eine Ausbildung zur PsychotherapeutIn absolvieren – und erst danach kann er/sie sich dann „Ärztliche/r PsychotherapeutIn“ nennen.

PsychologInnen haben Psychologie studiert. Sie dürfen also z.B. keine Medikamente verschreiben, auch nicht im Bereich der psychischen Störungen. Derzeit wird aber im Hintergrund (heftig) diskutiert, ob man dies nicht verändern soll. Wir PsychologInnen haben uns während des gesamten Studiums (Bachelor + Master, insgesamt mindestens 5 Jahre) intensiv mit der menschlichen Psyche in den verschiedensten Varianten beschäftigt. Auch der Körper und seine Funktionen spielen im Psychologiestudium eine gewisse Rolle (z.B. die Funktionsweise des Gehirns oder des Nervensystems). Der Schwerpunkt liegt aber auf der Psyche, also den seelischen Vorgängen.

Im Anschluss an das Master-Studium mit dem Schwerpunktfach „Klinische Psychologie“ geht es aber noch weiter: Dann müssen wir nämlich noch eine 3-5jährige „Psychotherapieausbildung“ absolvieren, die übrigens komplett privat bezahlt werden muss. Diese Zusatzausbildung ist die Voraussetzung dafür,  dass wir psychotherapeutisch arbeiten und uns „Psychologische PsychotherapeutIn“ nennen dürfen.

Wichtig: Weder das Medizinstudium noch das Psychologiestudium an sich reichen aus, um Psychotherapie anbieten zu dürfen. Dafür braucht es in beiden Fällen noch eine Psychotherapeutische Zusatzausbildung.

Die korrekte Bezeichnung ist jeweils: „Ärztliche/r PsychotherapeutIn“ oder „Psychologisch/r Psychotherapeut/in“

PsychotherapeutInnen nach dem Heilpraktikergesetz

Es gibt in Deutschland die Besonderheit, dass es auch eine Ausbildung zum/zur PsychotherapeutIn über das „Heilpraktikergesetz“ gibt.

Diese Regelung ist hoch umstritten, wird aber (bislang) aus historischen Gründen beibehalten. In Fachkreisen gelten „PsychotherapeutInnen/HP“ als nicht seriös und als nicht gut ausgebildet. Das werden die Betroffenen sicher anders sehen. Fakt ist aber, dass man die – üblicherweise teure – Ausbildung zur/m HeilpraktikerIn/Psychotherapie bereits mit Hauptschulabschluss und ohne ein weiteres Studium oder eine weitere (dafür qualifizierende) Ausbildung machen kann. Meist dauert sie nur wenige Monate, manchmal gibt es gar keine Anwesenheitspflicht. Es genügt in diesen Fällen, sich per Lektüre auf die Abschlussprüfung vorzubereiten (mehr hier). Kurz und gut: Auch wenn es bestimmt löbliche Ausnahmen gibt, rate ich sehr davon ab, sich bei einem ernsthaften Problem an einen solchen „Therapeuten“ zu wenden. Denn es ist kaum zu erwarten, dass jemand mit einer solchen Ausbildung das Wissen und das Können eines/r Psychologischen oder Ärztlichen Psychotherapeut/in hat.

Und wenn Sie gerne immer wieder einmal Nachrichten von mir bekommen möchten, die über die Blogposts hinaus gehen, melden Sie sich bitte für meinen Newsletter an (auf der rechten Spalte).

photo:“Psychotherapie“ © Datei: #188922857 | Urheber: C. Schüßler

Claudia Frey
Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin. Mehr ...

Sie möchten weiterlesen?

Hier finden Sie ältere Blog‑Artikel:

Kategorien

Oder suchen Sie einfach nach Stichworten: