Wenn Sie eine EMDR-Behandlung in Betracht ziehen, ist mir wichtig, dass Sie folgendes wissen:

 

1. EMDR ist wirksam – über die Therapiestunde hinaus

EMDR ist wirksam. Sehr.

Jedenfalls wenn EMDR wirkt. Etwa bei 10% aller Fälle scheint EMDR nicht zu funktionieren (aber eine 100%-Rate wäre auch wirklich komisch. Sowas gibt’s ja eigentlich bei gar nichts).

Wenn EMDR wirkt, dann wirkt es sogar über die Therapiestunde hinaus. Warum? Ganz genau kennt man die Wirkmechanismen von EMDR noch nicht, aber vermutlich ist es ungefähr so:

Wenn die Überforderung durch das Trauma zu groß ist, scheint unser Gehirn das Erlebte zunächst einmal in eine Art inneren Giftschrank zu packen. Nach dem Motto: „Aufgeräumt wird später, wenn ich wieder Kraft habe“. Sobald die Umstände wieder erträglich sind, kann die Verarbeitung in Gang kommen und mit der Zeit gewinnen wir dann Distanz zum Erlebten. Das ist der Idealfall, der manchmal auch nach sehr schweren Erfahrungen eintritt.

Manchmal gelingt das aber nicht (dafür kann es ganz unterschiedliche Gründe geben) und die traumatische Erinnerung bleibt „unverdaut“ im Giftschrank – und versucht sich bemerkbar zu machen, den sie „will“ ja verarbeitet werden. Dieses „Hämmern an die Tür des Giftschranks“ erleben wir z.B. als Alpträume oder Flashbacks oder mit anderen Symptomen. 

EMDR öffnet die Tür des Giftschranks. Und zwar nicht vollständig, sondern grade soviel, das nach und nach die Erinnerungen heraus kommen können. Das Öffnen des Giftschranks ist das, was in der Stunde passiert. Auch in der Stunde kommen schon einzelne Erinnerungen heraus, sozusagen. Und die Verarbeitung beginnt. Dann geht es aber weiter, denn die Tür ist ja offen Und das ist genau das, was wir möchten, denn dann wird peu à peu all das verarbeitet, was vorher quasi unverdaut im Hintergrund geschwelt hat.

 

2. EMDR ist hart

Es ist glaube ich schon durchgeschimmert: Auch wenn EMDR sehr wirksam ist und im allgemeinen schnell wirkt, heisst das längst nicht, dass eine EMDR-Therapie leicht ist. Denn trotz allem muss ja der Verarbeitungsprozess in Gang kommen. Und das kann einige Nebenwirkungen haben, zum Beispiel:

 

  • unangenehme Erinnerungen kommen hoch (von denen wir vorher vielleicht gar nicht wussten, dass sie da sind)
  • es kann sogar passieren, dass bisher unbekannte Traumata bewusst werden
  • in und nach den Sitzungen können heftige Gefühle oder körperliche Symptome auftreten, z.B. Angst oder Schmerzen
  • es kann in der Folge zu lebhaften Alpträumen kommen
  • viele PatientInnen berichten mir, dass sie nach den Sitzungen mehrere Tage lang extrem müde und erschöpft sind