So wichtig sind wir nicht

(und das ist eine gute Nachricht!)

Blamage!

Bei einer meiner ersten Diplomprüfungen erwischte mich der Prüfer bei einem Thema auf dem falschen Fuß. Wie immer hatte ich mich vor allem auf diejenigen Inhalte vorbereitet, die mich interessierten und die anderen vernachlässigt. Ich stammelte Allgemeinplätze und hoffte, dass es nicht allzu sehr auffiel. Der Prüfer bohrte nach, ich musste zugeben, dass ich es nicht wußte. Glücklicherweise kannte ich mich beim nächsten Thema wieder gut aus und das Gesamtergebnis war gar nicht schlecht, was ich mehr der Gutmütigkeit des Prüfers als meinem Wissen zuschreibe. Wirklich peinlich war mir allerdings, dass der Beisitzer der Prüfung ausgerechnet der Prof war, bei dem ich meine Diplomarbeit schreiben wollte. Und ausgerechnet er hatte nun mitbekommen, wie sehr ich mich blamiert hatte.

Soll ich es wagen?

Ich verbrachte Wochen damit, mir zu überlegen, ob ich es wagen sollte, ihn dennoch anzusprechen. Sein Fach war mir zu dieser Zeit das Allerwichtigste und ich wollte unbedingt meine Arbeit in diesem Bereich schreiben. Nur: Ich war mir sicher, dass er mich nun ablehnen würde, mich quasi ablehnen musste. Was tun? Letztlich ließ ich mir einen Termin für seine Sprechstunde geben, ich musste es zumindest versuchen. Vor der Sprechstunde war ich aufgeregter als ich es vor der Prüfung gewesen war. Schüchterner als üblich sagte ich, dass ich mir das Thema x für meine Diplomarbeit überlegt hätte und mir sehr wünschen würde, ihn als Betreuer dafür zu gewinnen.

Seine Antwort veränderte mein Leben:

„Haben Sie schon mit Ihren Prüfungen angefangen?“

Er erinnerte sich gar nicht an meine Blamage!

Unfassbar (für mich).

 

So wichtig sind wir gar nicht!

Er hat vermutlich jede Woche mehrere Prüflinge und mein mittelmäßiger Auftritt hatte keinen besonderen Eindruck auf ihn hinterlassen, er hatte es einfach wieder vergessen.

[Tweet „So wichtig sind wir nicht https://www.claudiafrey.de/blog/“]

Seither ist mir klar, dass unsere eigenen großen und kleinen Ausrutscher uns selbst entschieden mehr quälen als andere. Wir sind anderen einfach nicht so wichtig, wie wir uns selbst sind. Wie befreiend, oder?

Natürlich gibt es diese Momente des Fremdschämens und meinetwegen auch der Schadenfreude: Wir betrachten uns eine Szenerie und finden sie ganz fürchterlich, peinlich, komisch oder zum Kichern. Aber im Ernst: Würden Sie heute noch jemanden auf der Straße erkennen, über dessen peinlichen Versprecher Sie letzte Woche grinsen mussten? Aber selbst wenn: Dann ist es eben eine Anekdote, die Ihnen sicherlich nicht einfällt, wenn Sie irgendwann einmal auf Ihr Leben zurück blicken.

Achten Sie einmal darauf, bei sich und vielleicht auch bei anderen: Wie wichtig ist Ihrem Gegenüber der Pickel auf Ihrer Nase (im wörtlichen und im übertragenen Sinn)? Die Chancen stehen gut, dass es ihm/ihr gar nicht auffällt.

[Tweet „So  wichtig sind wir nicht (und das ist wunderbar befreien!)://bit.ly/2zWvctN“]

Nehmen wir uns die Freiheit!

Vielleicht sollten wir selbst uns oft nicht so wichtig nehmen?
Uns unabhängiger von der (vermeintlichen) Einschätzung anderer machen.

Und unsere Kraft auf das lenken, was uns wirklich wichtig ist.

Was würden Sie tun, wenn Ihnen die Meinung anderer unwichtig wäre?
Wenn ich recht hätte, und andere meist wenig Energie in uns (aber viel in sich selbst) stecken, genau wie wir?
Wann tun Sie es?

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photo: © #133673854 | doris oberfrank-list, fotolia.de

Claudia Frey
Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin. Mehr ...

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